Erfolgreicher Abschluss des iMulch-Projektes – Einfluss landwirtschaftlicher Mulchfolien auf terrestrische Ökosysteme

iMulch untersuchte die Auswirkungen von Kunststoffen auf Organismen, Bodenfunktionen, Drainagesysteme und angrenzende Gewässer.

Text: nova-Institut für politische und ökologische Innovation GmbH, 50354 Hürth; Projektkoordination: Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik e. V. (IUTA), Duisburg

Kunststoffe gelangen auf direktem oder indirektem Wege auf und in Böden. Ein weit verbreitetes Einsatzbeispiel von Kunststoffen auf Böden, das zu einem direktem Kunststoffeintrag führen kann, bilden Mulchfolien. In landwirtschaftlichen Bereichen kommen Mulchfolien auf Agrarflächen zum Einsatz, wo sie zur Temperatur- und Feuchteregulierung im Boden, der Verhinderung von Unkrautwachstum und Bodenerosion bei Starkregen und dem Schutz von Kulturen vor Schädlingen und Fressfeinden dienen. Expertinnen und Experten erwarten im Zuge des Klimawandels und der angestrebten Reduktion eingesetzter Pestizide, einen stetig steigenden Einsatz von Mulchfolien in der Landwirtschaft. Mögliche negative Effekte dieser Entwicklung untersuchte das Verbundvorhaben „iMulch – Eine Untersuchung des Einflusses von Polymeren auf ein terrestrisches Ökosystem am Beispiel von in der Landwirtschaft eingesetzten Mulchfolien“ aus verschiedenen Perspektiven.

Anbau von Salat – der Boden ist mit Mulchfolien abgedeckt (Bildquelle: Panthermedia)

Hierzu betrachtete das Projekt eine erdölbasierte (PE) Folie und zwei biologisch abbaubare Kunststofffolien (PLA/PBAT-Blend). Ein Vergleich der Folien sollte auch klären, ob und inwieweit biologisch abbaubare Folien im Vergleich zu konventionellen Folien ökologische Vorteile bieten.

Verwitterung, Alterung, Transportverhalten und mögliche Ökotoxizität

Um eine Bewertung zu ermöglichen, erforschte iMulch die Verwitterung und Alterung der Folien, ihr Transportverhalten und eine mögliche Ökotoxizität. Zum Projektumfang zählten auch eine Ökobilanzierung und der Versuch, durch Upcycling alternative Verwertungspfade aufzuzeigen. Um zukünftig Kunststoffemissionen aus Mulchfolien in der Umwelt zu reduzieren, leiteten die Forschenden auf Grundlage der Ergebnisse abschließend verschiedene Empfehlungen ab.

Mit einer Mulchfolie abgedeckter Ackerboden (Bildquelle: Panthermedia)

Mithilfe einer Versuchskläranlage im Labormaßstab, die mit dem Drainagewasser einer Ackerfläche befüllt war, führte das Team verschiedene Verwitterungs- und Alterungstests mit konventionellen und biobasierten Mulchfolien durch. Hierbei zeigten die biobasierten PLA/PBAT-Mulchfolien nach rund sechs bis acht Wochen deutliche Verwitterungsspuren und eine partielle Zersetzung. Hingegen wiesen konventionelle PE-Folien vor allem Bewuchs durch Mikroorganismen (Biofouling) auf. Fouling führte bei beiden Folientypen zu einer deutlichen Zunahme der Dichte im Zeitablauf, was eine Sedimentierung der Folienfragmente in Gewässern verursachte.

Die Verwitterung der Mulchfolien untersuchten die Verantwortlichen schließlich in einem Bodenteststand. In Analogie zur Versuchskläranlage, wählten sie hierzu konventionelle und biobasierte Mulchfolien aus Die Proben wurden auf dem Boden unter lebensnahen Umgebungsbedingungen hinsichtlich der Bodenfeuchte und Lufttemperatur bewittert. Generierte Ergebnisse zeigten, dass der Zersetzungszeitraum für die biologisch abbaubaren Folienlänger andauert als durch beschleunigte Klimaschranktests zunächst erwartet. Ein vollständiger Abbau dieser Folien konnte bis zum Versuchsende (6 Monate) jedoch nicht beobachtet werden. Die PE Folie zeigte keine maßgeblichen Veränderungen.

Um das Transport- und Abbauverhalten der Polymere im Boden zu analysieren, synthetisierten die Forschenden PE und PLA/PBAT mit einer 14C-radioaktiven Markierung, Dieses wurden in den Oberboden eingebracht und der Transport mithilfe einer Lysimeterstudie untersucht. Unter realistischen Feldbedingungen konnten nach 24 Monaten weder ein Transport beider Polymere, noch ein signifikanter Abbau des biologisch abbaubaren Polymers oder, eine Aufnahme beider Polymere oder ihrer Abbauprodukte in Pflanzen nachgewiesen werden.

Auch Adsorptionsversuche mit dem Schwermetall Kupfer und drei Pestiziden zeigten keine signifikante Adsorption. Lediglich für das Pestizid Tebuconazol ermittelten die Tests eine geringe Adsorption im Fall der biologisch abbaubaren Folien.

Durchgeführte Toxizitätsuntersuchungen ermittelten keine negativen Effekte für Bodenorganismen im Rahmen von Reproduktionstests. Untersuchung der Effekte auf aquatische Organismen wiesen hingegen einen endokrinen Effekt für beide Folientypen in in vitro Tests nach, wobei im Klimaschrank gealterten Folien einen geringeren Effekt zeigten. Auch Unterschiede der Effektstärke zwischen den Folientypen wurden nicht nachgewiesen.

Entwicklung geeigneter Messmethoden zur Bestimmung der Konzentration, Partikelgröße, Typus und Form verschiedener Polymere in Bodenökosystemen

Um die Proben hinreichend untersuchen zu können, entwickelten die Forschenden in einem ersten Schritt zunächst eine geeignete Detektionsmethodik. Diese umfasste die Etablierung und Validierung der Probenvorbereitungs-, Analyse- und Auswertemethode für die TED-GC-MS und eine geeignete Probenvorbereitungs- und Analysemethode für die RAMAN-Spektroskopie. Diese ermöglichte eine anschließende Bestimmung der Konzentration, Größenverteilung, Morphologie und des Typus von Polymeren in Böden.

Mithilfe der etablierten TED-GC-MS-Methode, untersuchte das Team verschiedene Bodenproben aus bekannten Bewirtschaftungsformen. Angenommen wurde, dass unterschiedliche Bewirtschaftungsformen, wie beispielsweise die Bewirtschaftung mit und ohne Mulchfolie sowie mit biologisch abbaubaren Mulchfolien und konventionellen Spargelfolien, zu unterschiedlichen Konzentrationen von PE bzw. PLA/PBAT in Böden führt. Die im Rahmen von iMulch durchgeführte Messungen konnten diese These nicht bestätigen. Unabhängig der Bewirtschaftungsform zeigten sieben der zehn untersuchten Böden PE Konzentrationen < 1μg/g , die anderen drei Konzentrationen zwischen 4,4 und 9,7 μg/g. In fünf der 10 Böden konnten geringe Mengen PLA/PBAT nachgewiesen werden, die Werte lagen zwischen 0,3 und 2,6 μg/g Boden, für die anderen Böden lag die Konzentration unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,1 μg/g.

Aussagen zur Material- und Partikelgrößenverteilung mithilfe der RAMAN- Spektroskopie

Um auch Aussagen der Partikelgröße und Partikelform treffen zu können wurde ebenfalls eine Methode für die RAMAN-Spektroskopie entwickelt. Der Arbeitsablauf konnte (teil)automatisiert werden, sodass neben der Partikelidentifikation Aussagen über die Material- und Partikelgrößenverteilung sowie die Partikelform getroffen werden konnten. Die Untersuchungen wiesen in allen untersuchten Bodenproben geringe Mengen an Mikroplastik unterschiedlicher Spezies nach. Ein (zeitlich) limitierender Faktor beim Einsatz dieser Messtechnik bestand jedoch in der hohen Matrixbelastung der Bodenproben. Zwar konnte die Matrixabtrennung im Rahmen der Projektarbeiten deutlich verbessert werden, dennoch stellt die hohe Heterogenität terrestrischer Bodenmatrizen weiterhin ein großes Problem dar. Neben einem Kunststoffpartikel befinden sich in den aufbereiteten Proben mehr als 200 weitere Bodenmatrixpartikel. Im Umkehrschluss müssen somit 200 Partikel RAMAN-spektroskopisch betrachtet werden, um einen Kunststoffpartikel zu finden. Ein wirtschaftlicher Einsatz der RAMAN-Spektroskopie erfordert daher eine Steigerung der Effizienz der Probenvorbereitung.

Ökobilanzielle Betrachtung von PE- und bio-abbaubaren Mulchfolien mithilfe der Lebenszyklusanalyse

Zur ökobilanziellen Betrachtung wurde eine Lebenszyklusanalyse (LCA) durchgeführt. Als funktionelle Einheit wählten die Verantwortlichen 1 ha Mulchfolie für den Anbau von Zucchini für beide Mulchfolientypen (biologisch abbaubar und konventionell, für eine Anbausaison). Hierzu führten sie eine Cradle-to-Grave-Studie durch, die alle relevanten Schritte von der Rohstoffbeschaffung bis hin zum biologischen Abbau im Boden (für die biologisch abbaubare Folie) bzw. das Recycling oder die Verbrennung mit Energierückgewinnung (für die konventionelle Folie) umfasste. Hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Klimawandel schnitten die herkömmlichen PE-Mulchfolien besser ab als die biologisch abbaubaren Mulchfolien, sofern Gutschriften der energetischen und stofflichen Verwertung am Ende des Lebenszyklus berücksichtigt wurden. Werden nur die Prozessbelastungen berücksichtigt, so wiesen beide Mulchfolientypen eine ähnliche Bilanz auf. Einsparungspotenzial bei den Treibhausgasemissionen bestand besonders bei der Verwendung biobasierter Adipinsäure für die Synthese von PBAT und einer Erhöhung des Recyclinganteils der PE-Folie.

Mikrobielles Upcycling als zukunftsweisender Weg

Ein weiterer Arbeitsfokus bestand in einem möglichen Upcycling der Folien. Im Rahmen des Projektes gelang es, biologisch abbaubare Folienfragmente durch spezielle Mikroorganismen abzubauen und neue Substanzen für eine mögliche Polymerherstellung aufzubauen. Das PE konnten die Mikroorganismen hingegen nicht abbauen bzw. umwandeln.

Empfehlungen für den Einsatz von Mulchfolien

Auf Grundlage der Versuchsergebnisse leitete das Team verschiedene Empfehlungen ab, die darauf abzielen, den Eintrag von Kunststofffolienfragmenten in die Umwelt zu reduzieren und einen Einsatz von Mulchfolien emissionsärmer zu gestalten. Generell empfehlen die Forschenden den Einsatz biologisch abbaubarer Folien. Dennoch sollte ein Nachweis der Abbaubarkeit unter realen Freilandbedingungen ergänzend überprüft werden. Insbesondere beim Einsatz sehr dünner konventioneller Folien, ist nach der Nutzung ein Fragmentverlust zu erwarten. Im Falle einer Bergung von Mulchfolien nach der Anwendung ohne Materialverlust, empfiehlt das Team die Verwendung dickerer konventioneller Mulchfolien. Zu diesem Zweck könnte eine minimale Untergrenze der Materialstärke definiert werden, die zukünftig auf Ackerflächen zu nutzen ist. Für die geborgenen Folien empfiehlt sich hingegen die Entwicklung geeigneter Recycling-Konzepte.

Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Erhöhung der Folienstärke biologisch abbaubarer Folien, um diese nach der Anwendung ebenfalls vom Feld sammelbar zu gestalten. Sollten einzelne Fragmente dennoch auf den Böden verbleiben, so können diese untergepflügt und im Zeitablauf abgebaut werden. Eine Produktion biologisch abbaubarer Mulchfolien mit identischer Materialstärke konventioneller Mulchfolien ist aus wirtschaftlicher Perspektive aktuell nicht durchsetzbar. Für dieses Szenario wären zukünftig gegebenenfalls staatliche Anreize zu schaffen.

Detaillierte Projektergebnisse stehen auf der Projekt-Website http://imulch.eu zur Verfügung.

Geballte Expertise für effektive Forschung

Das Vorhaben iMulch ist ein Leitmarkt.NRW-Projekt und wurde mit Mitteln aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ gefördert. Das Konsortium des Verbundvorhabens umfasst sechs aktive Projektpartner und wurde von drei assoziierten Partnern begleitet. Neben dem Unternehmen Fischer GmbH, waren das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME), das Fraunhofer UMSICHT Institut, das nova-Institut und die RWTH Aachen mit den Instituten für Umweltforschung (IUF) und dem Institut für Angewandte Mikrobiologie (iAMB) beteiligt. Die Projektleitung trug das Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik e. V. (IUTA). Als assoziierte Partner beteiligten sich das Unternehmen BASF, das Forschungsinstitut Kunststoff und Recycling (FKuR Kunststoff GmbH) und das Umweltbundesamt. Zudem bestand ein reger Austausch mit der Landwirtschaftskammer NRW.

Der Beitrag wurde erstellt vom nova-Institut für politische und ökologische Innovation GmbH, 50354 Hürth, www.nova-institute.eu

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Projektpartner:
Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik e. V. (IUTA), Duisburg (Koordination); FISCHER GmbH, Achern; Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen; Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME); RWTH Aachen, Institut für Umweltforschung (IUF); RWTH Aachen, Institut für Angewandte Mikrobiologie (AMB).
Assoziierte Projektpartner:
Umweltbundesamt (UBA); BASF SE; FKuR (Forschungsinstitut Kunststoff und Recycling), Willich; BioBag Germany, Schallstadt.

Weitere Informationen: https://www.iuta.de/kontakt/

Das Leitmarktprojekt „iMulch“ wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.